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23. März 2009

Katastrophentourismus

Gespeichert unter: Weltreise 2009 — carsten_block @ 12:33

Puh,
das war ein Hoellenritt gestern. Ich habe ja berichtet, dass wir eine andere Route nehmen mussten als geplant, weil die direkte Strasse nach Lanzhou fuer Auslaender gesperrt ist. Was ich nicht wusste ist, dass die Alternativroute mitten durch das am schlimmsten vom Erdbeben letzten Maerz betroffene Gebiet fuehren wuerde.

Der gestrige Tag begann erstmal super, 10km entlang eines Flusses, dann ein Anstieg an einem Staudamm. Doch am Staudamm fuehrte die Strasse nicht am Wasser entlang, sondern stetig auf und ab, sodass wir fuer die naechsten 30km ewig brauchten und nur ca. 10km Luftlinie vorankamen. Dann hoerte der Asphalt auf und wir sahen rechts und links nur Haueser in Bau und Menschen in Zelten des UHNCR und japanischen roten Kreuzes. Zum Mittag stoppten wir in einer Stadt, in der alle Haeuser eingestuerzt waren oder so beschaedigt, dass sie unbewohnbar waren. Die Laeden waren stattdessen in Zelten vor den Haeusern. Man fuehlte sich wie in einem Kriegsgebiet und wir begannen uns ernsthaft Sorgen zu machen, ob wir eine Unterkunft finden wuerden.

Komischerweise waren die Leute aber alle sehr freundlich, trotzdem sie nichts mehr haben, anders als in Baolun vorgestern abend. Die Strasse blieb schlecht, sodass wir kaum vorankamen. Als wir in der naechsten Stadt nach einer Unterkunft fragten, ernteten wir nur ein Lachen. Wir haben zwar beide Zelte, aber die Landschaft hier ist extrem steinig und trocken und zudem folgt die Strasse immer einem Fluss in einer engen Schlucht, sodass es keinen ebenen Platz zum Zelten gibt. Gegen 18:30 Uhr, es drohte langsam dunkel zu werden, tauchte aber nach achteinhalb Stunden wie durch ein Wunder ein kleines Drf auf, in dem es ein paar unzerstoerte Haeuser gab und wir haben sogar eine Unterkunft gefunden, zwar ohne Dusche aber sauber. Eine Familie vermietete zwei Zimmer ihrer Wohnung. Wir waren einfach nur froh, ein Dach ueber dem Kopf zu haben. Nach einer Tuetennudelsuppe sind wir voellig fertig eingeschlafen. Eine total unreale Erfahrung. Es war wirklich gut, das nicht alleine durchleben zu muessen, sondern sich gegenseitig weiterzutreiben.

Nachts waren wir dann noch gluecklicher eine Unterkunft gefunden zu haben, denn es gab einen heftigen Gewittersturm, es waere furchtbar gewesen zu campen.

Heute morgen sind wir dann gegen 8:30 Uhr aufgebrochen und die ersten 12km waren eine einzige Schlammpiste mit teils 20cm tiefen Pfuetzen, mein einziger Gedanke war nicht zu stuerzen und mit purer Gewalt weiterzutreten um nicht steckenzubleiben. Und das nach vier Tagen radeln. Weltumradlen ist halt nicht immer pures Freizeitvergnuegen. Gluecklicherweise wurde die Strasse nach einem Nudelfruehstueck in der nicht ganz so zerstoerten naechsten Stadt sehr gut und fuehrte nach einem Anstieg an einem Damm anschliessend durch unglaublich schoene und schroffe Berglandschaft mit tiefen Schluchten entlang des Flusses. Dazu extrem wenig Verkehr und gute Luft, wir konnte unser Glueck kaum glauben. Wir sind uebrigens warscheinlich die ersten Radler, die diese entlegene Region durchfahren, ich wuesste nicht, warum jemand diese Route nehmen sllte, wenn die Route nach Songpan nicht gesperrt ist.

Als wir anhielten um eine Cola zu trinken, war es zudem das erste Mal seit ich in China bin einfach nur ruhig. Kein Verkehrslaerm, schreiende oder trampelnde Chinesen, kein Hupen, ich haette ewig dort sitzen koennen.

Da wir so gut vorankamen, waren wir heute schon um 16:30 Uh in Wenxian einer Kreisstadt, die schon fast vollstaendig wiederaufgebaut ist. Wir haben sofort ein nagelneues Hotel fuer nur 80 Yuan gefunden und werden hier morgen einen wohlverdienten Ruhetag nach 5 Tagen und 530km einlegen, Ich bin total fertig und brauche einfach nur Erholung. Ausserdem wollen wir hier wieder unser Glueck mit der Visaverlaengerung versuchen.

Gerade sind wir durch die Stadt gegangen, als die Schule aus war, geschaetzte 2000 Kindern (kein Scherz) stroemten aus einer Schule und alle haben uns gegruesst, sehr lustig. Wir haben dann in einer Baeckerei etwas gekauft und wollten uns vor den Laden setzen, aber die Verkaeuferinnen bugsierten uns in ein Hinterzimmer, wo wir entspannt sitzen knnnten und noch ein Cola spendiert bekamen. Echt unglaublich wir freundlich wir hier aufgenommen werden. Wahrscheinlich, weil die Leute hier sviel Hilfe erfahren haben nach dem Erdbeben. Was ich mich aber frage ist, warum es so lange dauert, die Region wieder aufzubauen, denn es ist wirklich nur eine kleine Region im riesigen China und ich frage mich, warum man hier kein Militaer in Form von Pionieren sieht, die Strassen und Bruechen aufbauen, um Baumaterial zu transportieren. Es wirkt ein wenig so, als seinen die Leute sich selbst ueberlassen.

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