Arschkalt
Liebe Winterliebhaber,
waehrend ihr langsam traurig werdet, weil in Deutschland der Fruehling vor der Tuer steht, bewege ich mich gerade in die falsche Richtung. Denn heute war es (entschuldigt bitte) arschkalt unterwegs. Aber dazu gleich mehr.
Seit meinem letzten Blogeintrag ist nicht besonders viel passiert. Am Mittwoch bin ich von Yi Che, so hiess der Ort in dem ich uebernachtet hatte, nach Zhaotong geradelt. Anders als ich es erwartet hatte, lag Zhaotong auch auf fast 2000m, so waren die 80km doch recht anstrengend, weil es zwischendurch wieder auf ca. 2500m rauf ging. Trotzdem war ich aber schon recht frueh in Zhaotong, einer echten Grossstadt mit ca. 1 Mio. Einwohnern. Da ich mittlerweile die chinesischen Schriftzeichen fuer Hotel (Binguan) und Herberge (Ludian) unterscheiden kann, habe ich recht schnell eine guenstige Unterkunft gefunden, ein sauberes Zimmer in Innenstadtnaehe fuer 68 Yuan (ca. 8 Euro). Nachmittags habe ich dann zum ersten mal seit 4 Tagen etwas anders bekommen als Suppe, einen Teller Gemuese mit Reis, das tat gut. Nach einem Stadtbummel habe ich dann abends in einem Restaurant mal wieder so richtig geschlemmt, ich habe mir einfach ausgesucht, was auf meinen Nachbartischen gut aussah. Das war auch wirklich lecker und nicht so scharf, hier gibt es Chilischoten, die aussehen wie geschrumpfte Paprika, also nicht so laenglich wie normale Chlischoten. Und nicht so scharf. Das waere auch super gewesen, haetten sich nicht saemtliche Kellnerinnen um mich versammelt, um mir beim Essen zususehen, als haetten sie noch nie jemanden essen sehen. Ueberhaupt scheinen auch in dieser Grossstadt nicht so haeufig Auslaender vorbneizukommen, so wie mich die Leute angestarrt haben.
Gestern dann ein Ruhetag mit Bummeln, Mittagschlaf und ein paar E-Mails im Internetcafe. Abends wurde ich dann (obwohl ich schon eine Suppe gegessen hatte) beim Zurueckkommen ins Hotel von der Familie zum Essen gebeten, es gab Bratkartoffeln, ein mir unbekanntes Gemuese (das ein bisschen so aussah wie kleine Baumwurzeln) und Schweinefleisch mit Reis. Den Chilischnaps (Schnaps mit eingelegten Chilis) habe ich aber dankend abgelehnt.
Und heute dann die Ueberraschung. Wie vom Wetterbericht auf CCTV International angekuendigt, sollte kuehlere Luft von Norden heranziehen und es war morgens auch ziemlich kalt in Zhaotong. Und nach einer 10km Flachstrecke stieg die Strasse auf 2200m an und es wurde neblig. Und dann traute ich meinen Augen kaum, durch den Nebel hatte sich an den Baeumen und Straeuchern Eis gebildet, es war wirklich kalt und ich musste anhalten, um warme Klamotten anzuziehen. Doch trotzdem war mir den ganzen Tag kalt, nach zwei Monten 25 - 35 Grad ist das echt eine Umstellung.
Nach einer kurzen Abfahrt und einem weiteren Anstieg begann schliesslich die Abfahrt, leider war die Strasse feucht und dreckig, so dass ich nicht schnell fahren konnte und mich ziemlich eingesaut habe. Da mir immer noch kalt war und ich ja keine Eile habe, bin ich nach nur 60km angehalten und befinde mich jetzt in Daguan auf 1100m Hoehe. Hier ist es zwar nicht ganz so kalt, aber trotzdem unangenehm. Und wie ich schon aus Vietnam berichtet habe, sind die Haeuser hier gebaut, als waeren sie in den Tropen. Alles offen, keine heizung, da koennen schon 10 Grad unangenehm sein. Und auch hier sitzen die Leute dann um Holzkohlefeuer, um sich zu waermen, anstatt ihre Haeuser entsprechend der Kaelte zu bauen. Denn auch hier ist 5 Monate im Jahr so ein Wetter. Heute habe ich mir ein “teures” Hotel fuer 100 Yuan gegoennt, da ich dann sicher sein kann, dass es auch eine wirklich heisse Dusche gibt und dem war dann auch so. Vor dem Hoel habe ich einen echten Auflauf fabriziert, alle Leute aus den umliegenden Geschaeften kamen zusammen, um mir beim Abpacken und einchecken zuzusehen.
Daguan ist eine Kleinstadt in einem sehr engen Tal (eher ein Canyon) , dass von einem Fluss eingeschnitten wurde, links und rechts ragen 3000m hohe Berge empor. Nach einem Bummel ueber den Markt und der Erkundung der Stadt habe ich jetzt einen echten Vorteil des Internetsurfens entdeckt. Dieses Internetcafe ist wahrscheinlich der einzig warme Ort hier, da er durch die vielen Computer und eng zusammensitzenden Menschen gut gewaemt wird. Ihr koennt euch also darauf gefasst machen, dass ich im kommenden Monat,wenn ich durch kalte Regionen reise, noch regelmaessiger berichten werde.
Ausserdem sind Internetcafes der einzge Ort, an dem man kein Aufsehen erregt. Denn die (meist maennlichen) Anwesenden sind derart vertieft in ihre Computerspiele, da koennte ich mit Gasmaske reinkommen und in perfektem chinesisch eine runde Freibier ausrufen, davon wuerde keiner Notiz nehmen.
Die naechsten drei Tage werden unangenehm, der Wetterbericht sagt Regen und Hoechsttemperaturen von 12 Grad voaraus, aber wenigstens muesste es flach sein, da die Strasse an einem Fluss entlang fuehrt. Und am Montag in Zigong bin ich auch mal wieder in einer Stadt, in der es etwas zu sehen gibt, naemlcih eine schoene Flusspromenade und ein Dinosauriermuseum, vielleicht bin ich dann ja mal nicht der einzige Auslaender. Den Abstecher zum Bambuswald habe ich uebrigens wegen des schlechten Wetters abgesagt, bei Regen und schlechter Sicht bringt ein Marsch durch den Wald nicht wirklich Spass. Und da werde ich dann vielleicht auf besseres Wetter warten, wenn welches in Sicht ist.
Und sonst bin ich eben frueher in Chengdu und kann mir dort in Ruhe noch ein paar warme Klamotten besorgen, denn fuer das Quinghai Plateau sind derzeit Temperaturen von -5 bis +2 Grad angesagt. Zwar bringt mir meine Freundin auch einiges mit (gute Handschuhe und eine zusaetzliche Muetze), aber die werde ich dann auch behalten, da diese teuer sind. Ein paar warme Socken und noch einen Fleecepullover werde ich mir aber dort billig kaufen und dann danach irgendjemandem schenken, dann brauche ich es nicht durch die halbe Welt mitzuschleppen.