Im Himmel
Liebe Autofahrer,
in Deutschland oder Europa wuerde euch das nicht passieren: ein Radfahrer auf der Mautstrasse bzw. Autobahn. Hier in China haettet ihr das die letzten beiden Tage erleben koennen, denn ich habe nicht die urspruenglich geplante Route genommen, wie ich sie euch am Sonntag beschrieben habe. Aber wie kam es dazu. Als ich am Montag morgen nach ca. 40 gefahrenen Kilometern wieder die Mautstrasse kreuzte, habe ich gemerkt, dass dies gar keine Autobahn mehr war, sondern eine Strasse in etwa vergelichbar mit einer deutschen Bundesstrasse, also nur zweispurig (eine Spur in jede Richtung), mit sehr wenig Verkehr. Also habe ich gedacht, versuchst du bei der naechsten Auffahrt mal dein Glueck und faehrst drauf, und niemand hat mich gehindert und ich musste auch nicht bezahlen. Und das war die beste Entscheidung seit langen, denn als ich nach weiteren 30km die alte Strasse 213 wiedersah, musste ich feststellen, dass dies eine Kopfsteinpflasterstrasse ist, allerdings mit eher spitzen Steinen. Die neue Strasse fuehrte zwar auch ziemlich hoch, auf einen Pass mit 2800m, war aber weniger steil und weniger kurvig. Und die Tasache, dass es staendig ueber Bruecken und durch Tunnels (immer sehr kurz) ging, haben mir bestimmt allein gestern 1000 Hoehenmeter erspart. Mittag gemcht habe ich gestern in einem Dorf auf 2600 Metern Hoehe und da dies eine praktisch von Auslaendern nicht befahrene Rote ist, haben mich die Leute angeschaut, al kaeme ich vom Mond. Ich glaube hier war ich wirklich der erste Auslaender. Die Aufregung gesteigert hat noch, dass ich in einer Garkueche die hier traditionell in einem heissen Tongefaess servierte Hackfleischsuppe mit Kraeutern gegessen habe. Apropos traditionell. Die Gegend hier ist ziemlich arm, so dass es mit dem genuesslichen Schlemmen erst mal vorbei ist, hier bekommt man praktisch nur Nudelsuppen (morgens, mittags und abends).
Uebernachtet habe ich dann in Daibu, einem kleinen Kaff auf 2300m Hoehe, dort habe ich fuer 60 Yuan ein nagelneues Hotel gefunden, mit sehr freundlichen Leuten. Beim abendlichen Nudelessen konnte ich dann zum ersten Mal das beruehmte chinesische Nudelmachen beoobachten. Das geht so, dass der Koch einen Teigfladen in die Laenge zieht, dann faltet, wieder in die Laenge zieht usw., bis er hunderte kleine Faeden hat, dann wird es in der Mitte durchgeschnitten und fertig sind die Spaghetti.
Heute dann die Fahrt (wieder auf der Schnellstrasse) durch eine der schoensten Landschaften, die ich je gesehen habe. Allerdings erst, nachdem ich morgesn noch die gebrochene Speiche ersatzt habe, die ich gestern durch Bremsschleifen bemerkt habe. Aber schliesslich habe ich ja alles mit und sowas passiert halt auf einer solchen Fahrt. Ich Dummkopf haette das nur besser gestern nachmittag erledigt, dann waere ich wieder frueh losgekommen.
Die Landschaft hier wird Red Earth genannt, weil die Erde hier tiefrot ist, mit schroffen Bergen und Terasssen, auf denen alles moegliche angebaut wird, die Baeume und Straeucher darauf bilden einen wunderschoenen Kontrast zur roten Erde. Dazu radelte ich die ersten 25km entlang eines tiefblauen Sees, aufgestaut durch den groessten Erddamm Asiens (das stand jedenfalls in Englisch auf dem Damm). Nach einer kurzen Abfahrt folgte ein kleiner Anstieg wieder auf 2500m und dann ging es 25 km mit ca. 3 Prozent und Rueckenwind fast immer geradeaus bergab, so dass ich immer ueber 40 fahren konnte und praktisch nicht bremsen musste. Hervorragend. Da es zu weit bis zur naechsten Stadt (Zhaotong) war und ich ja nun extrem viel Zeit habe, Chengdu rechtzeitig zu erreichen, bin ich einfach in der naechsten Ausfahrt schauen gegangen, ob es ein Hotel gibt. Und es gab fuer 50 Yuan wieder ein sauberes Zimmer mit Bad, was will man mehr. Auch hier wurde ich beim Stadtbummel angestarrt, als haette ich eine Gasmaske auf und eben wollten sie in der Garkueche nicht mal Geld fuer meine Suppe, so wurde ich nach Thailand (die australischen Radler in Chiang Rai) zum zweiten mal zum Essen eingeladen. War mir fast ein bisschen unangenehm.
Morgen werde ich nach Zhaotong radeln, der noerdlichsten Grossstadt Yunnans, wo ich zwei Tage bleiben werde. Dann werde ich meine Route etwas aendern und einen kleinen Abstecher zum groessten Bambuswald Chinas machen. Dort soll es allerlei Sehenswuerdigkeiten geben und Unterkuenfte mitten im Wald.
Eine Bemerkung uebrigens noch zu den LKW’s in China. Die Fahrer sind wesentlich ruecksichtsvoller als in Europa, eines koennen sie aber leider nicht verhindern. Die LKW haben hier wassergekuehlte Bremsen, weshalb am Beginn und in der Mitte laengerer Abfrahrten Wasserstaionen sind, an denen sie nachtanken koenen. In Abfahrten werde ich daher immer mit nicht ganz sauberem Brenswasser vollgespritzt, aber da muss man eben durch.
Und noch eine Bemerkung. Wie die regelmaessigen Leser bemerkt haben werden, ist es seit zwei Wochen vorbei mit dem Kennenlernen anderer Leute. War ich in Thailand, Laos und Vietnam kaum einen abend allein, ist dies hier zur Routine geworden, dass ich mit nemendem reden kann. Das werde wiederum einige von euch nicht gleuben koennen, dass ich laenger als 5 Minuten nichts sage. Aber es ist wahr, nur manchmal fuehre ich Selbstgespraeche und fast jeden Tag ruft ja meine Freundin an.
Denn eins kann man den Chinesen nicht nachsagen, schlechten Handyempfang. Selbst auf dem Pass auf 2800m im Nirgendwo hatte ich besten Empfang. Und in Kunming warteten geschaetzte 500 Millionen Handys in tausenden von Geschaefte auf neue Besitzer.
So, bewvor ich noch weiter dummes Zeug schreibe, bis zum naechste Mal.