Gruesse aus Tashkent
Liebe Blogleser,
bevor ich von meinen echt super Tagen in Osh erzaehle, erst mal die schlechte Nachricht. Ich war heute morgen in der iranischen Botschaft und dort wurde mir mein in Almaty vor vier Wochen beantragtes Visum verwehrt. Echt unglaublich. Die begruendung ist ganz einfach, mein Einladungsschreiben. Ein echtes Einladungsschreiben einer iranischen Familie wollen sie nicht, ich muss stattdessen eines ueber eine Agentur (die Adresse wollte man mir gleich geben) besorgen, woran die Botschaftsangehoerigen dann wahrscheinlich mitverdienen. Und mindestens weitere vier Wochen wuerde es auch dauern, was sowieso nicht geht, da ich dann ja aus Usbekistan raus muss, da dieses Visum auslaeuft. Echt unfassbar, sogar fuer Borat-Country Kasaschstan war es unproblematisch, ein Visum zu bekommen, ausserdem habe ich jetzt gar keine Lust mehr auf den Iran und das war mein erster und letzter Versuch eines Besuches dort. Stattdessen habe ich gerade ein Visu fuer Aserbaidschan beantragt, wo man mir morgen ein 5-Tages-Transitvisum ausstellt, dann habe ich zwar keine Zeit fuer Baku aber es muesste gerade so hinhauen, bis zur georgischen Grenze zu kommen. Da ich dort dann schon Ende Juni sein werde, werde ich von Tiflis aus dann mit leichten Gepaeck ein bis zwei Wochen durch Armenien fahren und dann wie geplant weiterradeln. Ich bin echt ein wenig frustriert, ich wollte eigentlich die ganze Strecke radeln und jetzt muss ich 1400km durch Turkmenistan mit dem Zug fahren. Das ist zwar eigentlich albern, denn wer macht schon das, wa ich beisher gemacht habe, aber das ist einfach eine mentale Geschichte oder besser gesagt Radfahrerehre. Deswege auch der Abstecher nach Armenien, sozusagen als Wiedergutmachung.
So, jetzt aber zum positiven Teil. Die vier Tage in Osh waren wirklich super, vor allem weil ich mit Martin einen der interessantesten Menschen meiner Reise getroffen habe. Martin, ein 68jaehriger Hollaender, der aber in Frankreich lebt, fahrt das Herzstueck der Seidenstrasse von Urgench in Usbekistan bis Kashgar in China mit de Rad und ich habe ihn im Osh Guesthaus getroffen. Er war von Beruf Parfumeur und hat viele der bekannten Parfums kreirt, die man so kennt, z.B. den ersten Hugo Boss duft und die Duefte von Naomi Campbell, Cindy Crawford etc. Es war einfach eine Freude, ihm zuzuhoeren, die letzten jahre hat er alte Renaissanceduefte wiederentdeckt und “zusammengemischt”, seine “Renaissance der Parfumerie”, wie er es genannt hat. Wir haben von Donnerstag bis Sonntag eigentlich jeden morgen, mittag und abend in unserem Stammrestaurant verbracht, ich konnte ihm stundenlang zuhoeren, dabei wurden wir von unseren vier Maedels, den lustigen Kellnerinnen umsorgt, die sich irgendwie immer ueber uns amuesiert haben. Ansonsten war Osh sehr erholsam, d.h. bis auf eines. Waehrend der vier Tage war zwei Tage Stromausfall und zweieinhalb Tage Wasserausfall, soviel zu meinem Plan mit dem Zimmer mit tollem bad. Ich bin am Samstag morgen auch in das Guesthaus umgezoegen, wo ich mit Martin noch der einzige Gast war, am Sontag wurde es dann proppenvoll, erst kam ein spanisches Paerchen, dann ein franzoesischer Motorradfahrer und ein serbischer Backpacker. Abends habe ich dann noch drei belgische Radler dorthin gefuehrt, die hilflos auf der Suche nach dem Guesthouse waren, das war aber auch echt schwer zu finden. Die drei sind in Delhi gestartet und haben den Karakorum Highway genommen, leider hatten wir nur kurz Zeit zum Erfahrungsaustausch, da sie spaet gekommen sind.
Ach ja, und Geld habe ich in Osh gewechselt und das muss man echt selbst gesehen haben (ein Bild werde ich bald hohladen). Ein Euro sind ungefaehr 2100 usbeksiche SUM. Der groesste Schein ist aber ein 1000 SUM Schein, sodass meine 360.000 SUM (ca. 150 Euro) ein 30cm dickes Geldbeutel ergaben, was mehr als ein Kilo wiegt. Echt unfassbar, gut dass ich genug Dollar habe, um Hoels damit zu bezahlen, ich werde das Geld in der Packtasche transportieren muessen, in den Geldbeutel passt nur ein kleiner Teil.
Gestern habe ich dann um 8:00 Uhr mein Rad in das bereitstehende Taxi geladen und habe dann an der Grenze gelernt, warum sich hier immer alle die Haende geben. Auf der kirgisischen Seite lief alles korrekt, ich bekam meinen Ausreisestempel, aber auf der usbekischen Seite hat der Fahrer immer jedem Soldaten die Hand gegeben, wobei ganz unauffaellig ein paar tausend SUM den Besitzer wechselten. Es war auch das erste Mal, dass ich eine Zollerklaerung ausfuellen musste, wo ich penibel alles Geld angegeben habe (ein Tipp aus dem Guesthouse in Osh), denn es kommt vor, das man alles Geld danach zeige muss und was man nicht angegeben hat, sieht man dann nie wieder. Die Fahrt durch das Ferganatal verlief unspektatkulaer, aber ich habe noch nie so viel Polizei gesehen, vor jedem Ort war ein Checkpoint, mit dem Rad waere ich hier wahrscheinlich nie angekommen, da ich so oft meinen Ausweis haette vorzeige muessen. Und an dem Pass in schoener Landschaft (allerdings Autobahn) haette ich auch keine Fotos machen duerfen, da war alles voll Militaer. gegen 15:00 Uhr waren wir dann schon bei meinen Gastgebern in einem Aussenbezirk von Tashkent, Ella und ihrer Familie, die Schwester einer Kollegin von Jackie D., bei denen ich freundlicherweise unterkommen kann und die mir hier wirklch super helfen. Ich bekam gleich eine Riesenportion Borscht vorgesetzt, sehr lecker und konnte dort ins Internet etc. Ich bin wirklich begeistert, es ist immer super, wenn man Leute vor Ort kennt. Und heute morgen bin ich dann mit dem Stammtaxifahrer der Familie, der von mir dann auch nur den normalen Preis verlangt (als Auslaender wird man von Taxifahrern grundsaetzlich in Asien betrogen), kreuz und quer durch Taskent gefahren. Erst zur iranischen Botschaft, dann zur aserbaidschanischen Botschaft und anschliessend zur deutschen Botschaft, wo ich mein Paket abgeholt habe, das unversehrt angekommen ist. Ach ja, darin ist auch ein Iran-Reisefuehrer, den ich zurueck schicke, wenn also von euch jemand einen Lonely Planet Iran braucht, ich auf keinen Fall. Auch hier in Tashkent ist alles voll Polizei, sogar mehr als in China, besonders lustig war der Polizist vor der aserbaidschanischen Botschaft, der mich ansprach, als ich auf das taxi wartete. Er fragte wo ich herkomme udn als ich sagte “Germaniya”, meinte er “good actress” und sagte mir zwei Namen, die ich noch nie gehoert hatte (und die ich auch schon wieder vergessen habe und es waere unpassend gewesen sie aufzuschreiben). Ich sagte, noch nie gehoert und er sagte dann “Porno, germaniya good porno film”. Ich weiss ehrlich gesagt nicht so ganz genau, ob ich das jetzt wirklich als Kompliment fuer Deutschland auffassen soll. Sachen gibts.
Morgen kann ich mein Visum fuer Aserbaidschan abholen und gehe dann zur turkmensichen Botschaft, um dort das Visum zu beantragen. Da ich jezt mehr Zeit habe, werde ich dann nicht direkt von Tashkent nach Samarkand fahren, sondern enen Umweg ueber Sahrisabz und Quarshi machen und mein Sightseeing etwas ausbauen. Und heute abend versuche ich auch, weitere Fotos hochzuladen. Und gerade habe ich sogar noch zwei englische Buecher gefungen, Clockwork Orange und “Tender is the night” von Francis Scott Fitzgerald, keine Ahnung, was letzters ist, aber es ist gut, mal wieder etwas lesen zu koennen.