Kirgsische Gastfreundschaft
Liebe Blogleser,
die letzten Tage habe ich wahrlich kirgisische Gastfreundschaft erlebt. Ich muss sagen, anders als manche Chinsesen wissen die Kirgisen, wie man Gaeste behandelt. Aber von vorn. Am Freitag (nach meinem letzten Eintrag aus Toktogul am Donnerstag) dachte ich schon, ich werd bekloppt. Die Landschaft war schoen, keine Frage, gruene Huegel, die schneebedeckten Berge im Hntergrund, ich hatte aber erwartet, den riesigen Toktogulstausee zu sehen und meine Vermutung war, dass es vielleicht flach am Ufer entlang gehen wuerde. Aber weit gefehlt. Erst konnte ich den See nicht sehen, da er durch wenig Regen der letzten Jahre nicht gut gefuellt ist. Und danach radelte man nicht am See entlang, sondern hinter einer Huegelkette. Den See sehen konnte man eigentlich nur 10km, dafuer ging es den Tag ueber 1500 Meter bergauf. Soviel zum Thema flach. Zu allem Uebel regnete es mittags auch noch heftig, aber gottseidank nicht lange. Die Landschaft war aber trotzdem schoen. Gecampt habe ich dann im Naryn-Canyon, wo der Naryn Fluss aber wiederum in einem kleineren Stausee aufgestaut ist, es war schwer, in der engen Schlucht einen Zugang zum See zu finden, ich habe aber dann einen gefunden. Das Wasser im Stausee war nicht so kalt wie ich dachte, sodass ich mal baden konnte, sehr erfrischend nach einem Radeltag. Nachts hat es dann wieder geregnet und ich war heilfroh, dass die schweren Gewitter, die links und rechts von mir tobten, vorbeizogen. Mein Zelt ist zwar windstabil, aber man muss sein Glueck ja nicht herausfordern. Aber jetzt weiss ich, dass es wirklich wasserdicht ist.
Am Samstag war es aber wieder schoen und ich habe endlich das Ferganatal erreicht, allerdings war es hier echt heiss, die Sonne brannte, Hitze hatte ich das letzte mal vor vier Wochen. Der Tag verlief ereignislos, das Ferganatal sieht in etwa so aus wie die Poebene in Italien, alles voller Landwirtschaft. Da hier alles so dicht besiedelt ist, habe ich keinen einsamen Zeltplatz gefunden, sondern mein Zelt am Rand des Ortes Nooken aufgestellt, bei einem nicht fertig gebauten Haus. Es dauerte keine 10 Minuten, da kam Samid mit seiner kleinen Tochter (2 Jahre) vorbei und brachte Fladenbrot und Samys, (fermentierte Eselsmilch) vorbei. Sehr lecker, schmeckt ein wenig wie Feta. Wir haben uns mit Haenden und Fuesen unterhalten. Als er weg war, kam nach und nach das halbe Dorf vorbei, alle wollten mich zum Essen einladen, aber ich lehnte ab, da ich ja schon gegessen hatte. Alle fragten nich aus, wir machten Fotos, sehr unterhaltsam. Haette ich nicht mein Zelt schon aufgebaut, haette ich auch bei meinen Nachbarn schlafen koennen, sie boten mir ein Bett an. Die Einladung zum Essen habe ich aber am naechsten morgen angenommen, zum Fruehstueck gab es Tee, Fladenbrot und Pflaumenkompott. Ich konnte kaum losfahren, mit soviel Fragen wurde ich ueberhaueft.
Am Sonntag dann der Aufstieg nach Arslanbob, der sich zum einen ziemlich zog und zum anderen war es heiss, die Sonne brannte, ausderm war es der sechste Radeltag ohne Pause, ich quaelte mich ganz schoen dort hoch. Am Dorfplatz fing mich gleich ein freundlicher Kirgise (d.h. Usbeke mit kirgisischem Pass, in Suedkirgisien leben naemlich nur Usbeken) ab und fuehrte mich zum CBT-Buero. CBT steht fuer Comunity based Tourism und ist eine private Organisation, die in vielen Orten Bueros betreibt, Uebernachtungen bei Familien und lokale Fuehrer etc. vermittelt. Nach 10 MInuten warten kam Hayat, der oertliche Ansprechpartner, der sehr gut Englisch konnte und begleitet mich zur Familie Tajibaeva Nazigul, wo er mit zwei Helfern gerade eine neue Toilette baute. Die andern beiden assen gerade und ich bekam auch einen dampfenden Teller Kartoffeln mit Schafsfleisch. Genau das Richtige. Dann wollten sie mich noch mit der Koechin, der juengsten Tochter der Familie (ca. 25) verkuppeln (scherzhaft), die noch keinen Mann hat. Dafuer handelte sich Hayat aber ein paar Schlaege von ihr ein. Ich lehnte aber dankend ab, da ich schon vergeben bin. Nach einer Dusche (kalt), fuer die man erst Wasser vom Fluss holen und in einen Bottich ueber dem Kopf giesen musste, bin ich dann zum Dorfplatz und habe in der Chaikhana (Teestube) mit den alten weisshaar- und baertigen Maennern Tee getrunken und den Arbeitern zugeschaut, die den Basaar aufbauten. Die Sauison geht hier naemlich erst im Juni los und im Winter liegt zwei Meter Schnee, der Basaar ist nur im Sommer in Betrieb. Der Ort am Fluss ist eigentlich ganz nett, nur ist der reissende Strom so laut, dass man kaum sein eigenes Wort versteht. Abends gab es dann bei meinen Gastgebern Plov, das usbekische Nationalgericht, gebratener Reis mit Gemuese und Hammelfleisch. Ich war voellig fertig (das bin ich noch immer) und bin schon um 20:00 Uhr ins Bett.
Gestern dann nach einem hervorragenden Schlaf dann ein leckeres Fruehstueck mit Omelette (aus Eiern von den dort rumlaufenden Huehnern) Fladenbrot und wiederum Plaumenkompott. Anschliessend bin ich dann 500 Hoehenmeter (ich muss verrueckt sein, das an einem Ruhetag zu tun) ueber einen steinigen Pfad, der am Ende ziemlich haarig war mit meinen leichten Schuhen, zu einem 85m hohen Wasserfall hinaufgestiegen, ich hatte diesen und und die Aussicht uber das Tal ganz fuer mich alleine und konnte mit dieser Aussicht sogar noch mit Jackie D. telefonieren, die mich bei bestem Empfang anrief. Den Nachmittag habe ich wiederum im Teehaus ud anschliessend auf der Terasse meiner Gastgeber verbracht und mich mit dem 80jaehrigen Familienoberhaupt auf deutsch unterhalten. Der war naemlich 195-54 als Soldat in Deutschland stationiert und hat in St. Petersburg und Dusanbe deutsch studiert um anschliessend als Lehrer fuer deutsch und russisch in der Schule in Arslanbob zu unterrichten. Er sprach ein herrlich altmodisches deutsch, ein angenehmer Gespraechspartner. Abends dann ein riesiger Teller Nudeln (Laghman) und wieder frueh ins Bett.
Huete dann die lange Abfahrt und dann noch 30km auf und ab nach Jalalabat (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Ort in Afghanistan), landschaftlich ohne Hoehepunkte. Und das hier muss man gesehen haben. Es ist die drittgroesste Stadt in Kirgisien und es gibt nur ein Hotel, was man eher als Museum bezeichnen muesste und auch sonst nur ein paar Geschaefte. Die Lobby des Hotels ist neu gemacht, aber in den Zimmern ist seit Sowjetzeiten nichts mehr renoviert worden. Um die Tapete wuerde sich jedes Museum oder jeder “ich richte meine Wohnung auf Retro ein Schanzenbewohner” reissen. Das Bad ist die Verneinung einer Waschgelegenheit, aber es kostet auch nur vier Euro. Ich war schon um 12:00 Uhr da und bekam erstmal (von der ebenfalls aus UdSSR-Zeiten uebrig gebliebenen Rezeptionistin) ein barsche Abfuhr. Streng und uebellaunig brabbelte sie auf russisch auf mich ein und schickte mich weg, erst ein in einem Sessel wartender Gast klaerte mich auf, er zeigte auf die Uhr und bedeutete mir, dass ich zu frueh sei, die Zimmer wuerden noch gerenigt (ich bezweifle allerdings, dass das wirklich geschehen ist). Das haette die Dame ja auch mal zeigen koennen. Also wartete ich eine halbe Stunde. Dann die Ueberraschung, als ich in einem Restaurant bei drei Schaschliks sass, stehen draussen ploetzlich zwei Radler, da bin ich natuerlich sofort raus und habe sie angesprochen. Es war ein aelteres Paerchen aus Frankreich, die in Tashkent losgefahren sind und die nun nach Bishkek radlen wollen. Sie haben sich zu mir gesetzt. Jetzt wollen sie aber versuchen, ein Taxi zu nehmen und bis Toktogul mit dem Auto zu fahren. Wenn sie keines bekommen, werden sie auch in mein “Hotel” einziehen.
Wie oben schon angedeutet, bin ich nach nun 8900km ziemlich fertig und brauche jetzt eine laengere Pause und das Erfolgserlebnis mit den Visa in Tashkent. Morgen werde ich nun noch nach Osh radeln udn dort erstmal 3 Tage bleiben und mir ein gutes Hotel goennen. Das letzte Mal, dass ich ein Zimmer mit einem wirklich funktionierenden Bad und wenigstens annaehernd freundlicher Einrichtung hatte, war in China in Jinghe und das ist vier Wochen her. Und da ich jetzt um das halbe Fergana Tal herumgeradelt bin, werde ich mal sehen, ob ich am Sonntag ab der Grenze ein Taxi nach Tashkent nehme, meine Motivation, 200km durch plattes Ackerland zu radeln und dann 200km eine Autobhn mit Tunnel durch die Berge zu radeln, haelt sich im Momente in Grenzen. Das wird sich wieder aendern, wen ich meine letzten beiden Visa in Handen halte und mal eine Woche Pause hatte. Denn die brauche ich jetzt mental und koerperlich. Denn immerhin war mein Umweg ueber Kasachstan bis Osh schon 500km laenger und viel haerter als gedacht. Waere ich auf meiner ursprueglichen Route geblieben, hatte ich fast keine Berge mehr gehabt bis auf die Strasse von Kashgar nach Osh. Und der Weg ueber den Iran ist nochmal 900km laenger.
So, jetzt ist Schluss, in Osh werde ich dan auch wieder Bilder hochladen, hier ist die Internetverbindung leider zu langsam.