Gruesse aus dem Katastrophengebiet
Kein Scherz, Chiang Rai ist eine von 41 Provinzen Thailands, in denen die lokalen Verwaltungen Katastrophenalarm ausgerufen haben. Grund sind weder politische Unruhen, Ueberschwemmungen noch Stuerme, sondern der “arktische Kaelteeinbruch” (Zitat aus der Bangkok Post), der Thailand seit einigen Tagen heimsucht. Das ist zwar eigentlich nicht komisch, weil in Ayuttayah, wo ich ja letzte Woche war, sogar ein Moensch erfroren ist. Allerdings heisst arktische Kaelte hier, dass es tagsueber nur ca. 25 - 28 Grad warm wird und in der Nacht auf 15 Grad (Bangkok) und bis zu null Grad (hier in den Bergen um Chiang Rai) abkuehlt. Aber anscheinend haben die meisten Thailaender wohl keine Decken und auch keine warmen Kleider. Das Katastrophenschutzministerium ist dabei Tonnen von Decken und warmer Kleidung nach Norden und Osten zu bringen. Eventuell wird sogar der Allzeit-Kalterekord geknackt, der bei -1,8 Grad (nach Angaben der Bangkok Post) in einem Nationalpark im Nordosten liegt. Die Minusgrade dort haben dazu gefuehrt, das an einem Wasserfall durch die Gischt ueber Nacht so etwas wie Schnee entsteht und zehntausende Thailaender stuermen nun diese Nationalparks und stehen frueh auf, um dieses fuer sie einmalige Schauspiel zu beobachten. Unfassbar!!! In den europaeischen Medien wird dies alles wohl keine Meldung wert sein, hier fuellt es die Zeitungen, in denen man auch praktische Tipps bekommt, wie man sich warm anzieht.
Nach diesem informativen Teil nun zu den Ereignissen der letzten beiden Tage. Den Donnerstag habe ich in Chiang Mai zunaaechst mit einem ausgiebigen und leckeren Fruehstueck verbracht, neben Muesli gab es dort leckere selbstgebackene (nicht von mir natuerlich) Broetchen mit Avokadocreme. Ein Gedicht. Anschliessend zur Post, nachdem ich am abend vorher etwas Gepaeck aussortiert hatte. Das klappte ganz hervorragend, bei der Post kann man gleich Kartons kaufen, ein freundlicher Herr packt alles ein, waehrend man selbst das englische Formular asufuellt. Das nenne ich Service. Die Messung hat ergeben, dass ich nun 2,5kg weniger Gepaeck und vor allem mehr Platz habe, da ich z.B. die dicke Jacke weggeschickt habe, die recht viel Volumen hat. Danach war es Zeit, sich um mein Fahrrad zu kuemmern. Da die Laufraeder ganz neu sind, war mir klar, dass diese nach den ersten ca. 1000km eventuell nachzentriert werden muessen. Also schnell ins Internet und den Fahrradladen gesucht,, den mir der hollaendische Radler am Mittwoch empfohlen hat. Der war gluecklicherweise nicht weit von meinem Guesthouse und so bin ich da mal hin, um zu gucken, ob die ueberhaupt vertrauenswuerdig sind. Dort angekommen, traute ich meinen Augen kaum. Gleich im Eingang von Top Gear Bicycle hingen beste Shimano XT Laufraeder (die Kenner werden mich verstehen) und an der Wand nur beste Werkzeuge von Park Tool inklusive Zentrierlehre. Die anwesende Verkaueferin konnte zwar kein Englisch, rief aber ihre Chefin an, die auch gleich vorbeikam. Die meinte es sei allles kein Problem und ich koenne das Fahrrad am naechsten Tag um 9:30 Uhr abholen, denn der Mechaniker arbeite abends.
Also habe ich das Fahrrad dagelassen und den Tag mit Bummeln (getreu des Prinzips aus meiner WG in Oldenburg: Nach dem Kaffee ist vor dem Kaffee) durch Chiang Mai verbracht, einer wie ich bereits schrieb Grossstadt mit rieisgen Hoelkomplexen (u.a. Holidy Inn, Meridien, etc.) und hunderten von Guesthaeusern und kleineren Hotels. Dazu ein Rotlichtviertel, riesige Maerkte und jede Menge Pubs. Das einzige was gut ist, wenn man laenger bleibt: man bekommt dort alles (Fahrradteile, Buecher sogar in deutsch, etc.) Dass hier viele fuer laenger leben erkennt man an den zahlreichen Buchhandlungen, in denen gebrauchte Buecher in allen erdenklichen Sprachen verkauft bzw. getauscht werden. Was mir aber auffiel und was mir unterwegs ja auch oefter erzaehlt wurde, ist, dass es sehr leer ist. Mit allein 5000 Zimmern uin Luxushotels und weit mehr sonstigen Zimmern muesste es eigentlich viel voller sein. Viele Gaeste haben wohl wegen der Unruhen im Dezember ihre Reise abgesagt. Auch abends auf dem Nachtmarkt war es sehr leer.
Abends habe ich mich dann wieder mit Mike und seiner Gruppe getroffen, die nach Lampang noch eine Nacht in den Bergen verbracht hatten und nun zwei Tage in Chang Mai sind. Zunaechst ein leckeres Essen (Burmesisches Curry, scharf aber lecker) und dann ein Bummel ueber den Nachtmarkt.
Gestern bin ich wieder bei dem gleichen Fruehstuecksdealer gewesen, habe mein Fahrrad abgeholt und bin sofort losgefahren (gegen 9:45 Uhr). Die ersten 20km aus der Grossstadt heraus waren wieder recht nervig, aber danach wurde es besser. Ab km 30 begannen die ersten Rampen (wieder sehr steil) und der eigentliche Anstieg bei km 45. Fuer die naechsten 10km bis zum Pass brauchte ich fast eine Stunde, die Strasse schraubte sich mit Rampen von 20 Prozent auf ueber 1000m. Aber dank des Trainings der letzten Wochen lief es gut. Die Abfahrt war super und an deren Ende warteten heisse Schwefelquellen.
Allerdings legt der Thailaender als solcher um solche Quellen naturlich keinen lauschigen Park an, sondern umgibt sie mit einer riesigen Betonflaeche die von zahlreichen Buden gesaeumt wird, an denen es Goldketten, Andenken und sonstigen Quatsch gibt. Und Fressbuden, der Thailaender muss immer essen. Nur ein kleiner Teil war genz nett, dort konnte man seine Beine ins Wasser halten und etwas entspannen. Nur so lange allerdings, bis einem ein der zahlreichen Eierverkaeuferinnen ein Ei andrehen wollte, um es in den ganz heissen Quellen zu kochen.
Also weiter fuer weitere flache 20 km und dann war ich im Cabbages and Condoms Inn angekommen, dessen “Condoms” in der Tat keine Abkuerzung fuer Condomnium ist, sondern wirklich Kondom meint. Ein riesiges Schild mit verschiedenfarbigen lachenden Kondomen wies darauf hin. Solche Hotels und Restaurants gibt es hier einige nund werden von Sozialprojekten betrieben, die die Verbreitung von Kondomen foerdern wollen. Jedenfalls konnte ich dort einen Bungalow in einem Garten abseits der Strasse beziehen und es war angenehm ruhig. Da ich dort anscheined der einzige Gast war und es sonst nichts zu sehen gab (insgsamt gab es 19 Huetten), bin ich nur essen gegangen und dann frueh schlafen. Nach zwei Wochen in Asien wusste ich es zu schaetzen, dass es mal einfach nur ruhig war.
Heute bin ich frueh aufgestanden, schon vor acht losgefahren und nach nur 50km und einigen kleinen Huegeln hatte ich die sehr fruchtbare Ebene von Chiang Rai erreicht, die sich auf ca. 100km Laenge bis zum Mekong erstreckt. Nach ca. 60km habe ich am im Reisefuehrer empfohlenen Charin Ressort halt gemacht und dort exzellenten selbstangebauten Kaffee und extrem leckeren Schoko- und Maccadamiakuchen gegessen. So schoen kann radeln in fernen Laender sein. Nach weiteren 40 km und insgesamt 105 km bin ich nun in Chiang Rai in einem wunderschoenen Guesthouse etwas am Stadtrand untergebracht, mit einem kleinen Pool, einem schoenen Garten und einem riesigen Zimmer. Hier werde ich nun zwei Ruhetage verbringen, bevor es ins wesentlich weniger entwickelte und bergigere Laos geht. Super ist auch, dass hier eine andere (kommerziell gefuehrte) Radelgruppe ist, die (ohne Gepaeck weil mit Begleitauto) ebenfalls nach Laos faehrt. Als wir kurz ins Gespraech kamen, bot der Leiter gleich an, mir heute abend Tipps zu geben, wo ich uebernachten kann, um nicht im Zelt schlafen zu muessen. Das hatte ich naemlcih befuerchtet, weil die Distanzen zwischen den den touristischen Orten zu lang fuer mich sind. Und da ich hier im Schnitt nur 4 - 8 Euro fuer eine Uebernachtung zahle, wil ich nur im Notfall im Zelt schlafen. Laos ist zwar nicht gefaehrlich, aber wenns nicht muss.
Ansonsten werde ich morgen mal zum Frisoer, meine Taschen neu packen und saubermachen. Meine Waesche habe ich gerade abgegeben, nach zwei Wochen Handwaesche ist es mal Zeit fuer eine ordentliche Reinigung. Kostet 30 Baht (70 Cent) pro Kilo.
Nachdem die ersten 1000km hinter mir liegen, werde ich am Dienstag ins goldene Dreieck (Laos, Burma und Thailand) aufbrechen und mit der Faehre ueber den Mekong nach Laos gelangen. Dann liegen bereits ca. 10 Prozent der Gesamtdistanz hinter mir.
Obwohl ich bisher extrem gut vorangekommen bin, moechte ich an dieser Stelle Geruechte zurueckweisen, wonach ich, wenn das so weiter geht, frueher in Deutschland eintreffen werde. Erstens will ich das gar nicht, zweitens wird das wegen der nun schlechteren Strassen und hoeheren Berge sowieso nicht passieren und drittens aber viel wichtiger, habe ich vom 12. bis 18. Maerz in Chengdu (Provinz Sechuan und China) eine Verabredung mit meiner Freundin. Wenn ueberhaupt werde ich also dort zu frueh sein. Und viertens gilt mein Visum fuer Kirgisien erst ab 15. Mai, solange muss ich also in China bleiben. Aufatmen ist also angesagt, ich werde fruehesten Anfang September wieder nerven.