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12. April 2009

Die Ereignisse ueberschlagen sich

Gespeichert unter: Weltreise 2009 — carsten_block @ 13:38

Liebe Blogleser, das waren ereignisreiche Tage seit meinem letzten Bericht am Dienstag. Am Mittwoch haben wir einen wohlverdienten Ruhetag eingelegt. Gleich morgens habe ich mir ein Taxi genommen, der Fahrer erklaerte sich mit 50 Yuan eiverstanden. Zuerst habe ich die grosse Festung besichtigt, echt eindrucksvoll, eine grosse lange flache Aussenhmauer und in der Mitte die eigentliche Festung auf einem Huegel, sehr schoen. Auch das zugehoerige Mauermuseum war gut, viele Waffen und Modelle, die die verschiedenen Bauarten der chinesischen Mauer erklaerten. Wahnsinn, zu Hochzeiten waren ueber eine Million Soldaten an der Mauer stationiert. Danach ging es zu zwei Mauerstuecken, die auf eine Gebirgskette gebaut waren, es ging jeweils sehr steil ca. 200 Hoehenmeter rauf, leider war die Mauer total renoviert, es sah ehrlich gesagt etwas Disneyland-maessig aus, aber trotzdem interesant. Ich war der einzige Besucher, die Landschaft (schroffe Berge, den Blick auf Wueste) war grandios. Dann die Ueberaschung, vor dem Hotel vorgefahren, wollte der Taxifahrer ploetzlich 100 Yuan, 50 fuer jede Sehenswuerdigkeit. Das waere viel zu viel. Erstens sagte der Lonely Plant, dass 50 Yuan angemessen sind und zweitens waren es nur 30km und 3 Stunden, 100 waeren also unversachaemt. Nach viel Gerede habe ich ihm schliesslich 50 ins Auto gelegt und bin ins Hotel. Er folgte mir und legte das Geld wieder auf den Tresen. Nach wildem gestikulieren erklaerte ich schliesslich dem nun vollstaendig versammelten Hotelpersonal ,was geschehen war. Die hatten ja auch gesehen, wann ich gegangen war und waren ebenfalls der Meinung, dass 100 viel zu viel sei. Doch der Taxifahrer war hartnaeckig und legte das Geld immer wieder auf den Tresen zurueck, bis schliesslich der Hotelchef ihm das Geld in die Tasche steckt und ihn hinausschmiss. Sehr gut.

Den nachmittag habe ich dann mit Essen verbracht. Erst ein Stueck Torte und dann lecker uigurisches Brot. Ausserdem musst ich einen Rucksack kaufen, um fuer die Wueste genug Wasser transportieren zu koennen.

Am Donnerstag trauten wir dann nach ca. 30km unseren Augen kaum. Am Strassenrand unterhielten sich zwei andere Radler mit Autofahrern. Margo und Chris, ein Ehepaar Mitte 50 aus Kanada sind am 7. Janaur (einen Tag nach mir) in Bangkok losgefahren und wollen auch nach Europa. Also sind wir zu viert weitergeradelt, es ging weiter leicht bergauf und wir haben es genossen, mal wieder mit jemandem anderen reden zu koennen. Auch beschlossen wir, gemeinsam zu zelten. Nach 105km haben wir also eine kleine Zeltstadt aufgebaut und haben lecker Instantnudeln gekocht. Chris ist Kernphysiker und war Praesident eines grossen Forschungsprojek am CERN in der Chweiz und hat sich auch ein Jahr freigenommen. Scheint im Trend zu liegen.

Am Freitag morgen nach einem Fruehstuek aus Keksen und Kaffee dann die Bombe. Nach 10km stellte Leon fest, dass mit seinem Hinterrad etwas nicht stimmt. Und tastaechlich, auch seine Felge ist gebrochen, das gibt es doch gar nicht, zwei Felgenbrueche in zwei Wochen. Wir haben dann versucht, in der naechsten Stadt eine guten Radladen zu finden, haben aber nur einen Beweis chinesischer Unfaehigkeit gefunden. Der Radladenbesitzer hat Leons Schnellspanner geloest, um die Speichen zu messen und hat ihn dann verkehrt herum zugemacht. Gottseidank liess sich das Probem beheben, ich dachte schon, er hat ihn uebredreht. Echt unfassbar, hat einen Radladen und kann keinen Schnellspanner bedienen. Wenn er schon keine Ahnung hat, dann soll er eben die Finger davon lassen.

Also haben wir beschlossen, dass wir einfach versuchen wollen, weiterzufahren, so lange es geht. Das waren dann 10km, bis die Felge immer schlimmer wurde. Also hiess es, sich zu trennen. Leon wollte in die Stadt zurueck, da die naechste erst in weiteren 110km war. Und eine solche Distannz zu trampen, erschien zu schwer. Die einzige Moeglichkeit erschien uns, in Hami zu versuchen einen guten Radladen zu erwischen, was ca. 450km enfernt war. Nach 5 Minuten hielt ein leerer LKW, der Leon schliesslich mitnahm.

Ich bin dann mit Margo und Chris bei super Rueckenwind 168km (weiter als geplant) bis Anxi gefahren, wo wir ein gutes Hotel gefunden haben. Und als ich gerade mit dem Duschen fertig war, klopfte es an der Tuer und vor mir stand Leon, mit einer blutenden Stirn. Der hatte gerade, nach einer echten Odysee, durch Zufall unsere Raeder gesehen als er angekommen war und sich dann an der Glastuer eine Platzwunde zugezogen. Gottseidank hatte Margo dafuer spezielle Pflaster, die die Wunde zusammenhalten, sodass er nicht zum Arzt musste. Der LKW-Fahrer hatte Leon zu einem anderen Radladen gebracht, die ihm dort aber auch nicht helfen konnten, sich aber ebenso dilletantisch anstellten, sodass Leon auch sein Rad dort nicht reparieren lassen wollte. Am Busbahnhof wollte er dann einen Bus nach Hami nehmen, doch es gab keinen Dirketbus. Und der Busfahrer des Busses nach Anxi (die Stadt in der wir waren) wollte sein Rad nicht mitnehmen. Ein Polizist, der das mitbekommen hatte, hat ihn aber schliesslich angewiesen, ihn mitzunehmen. Sehr freundlich. Wir sind abends dann nur noch Suppe essen gegangen und waren voellig alle. Auch haben wir uns von Chris und Margo verabschiedet, die einen kleinen Abstecher nach Dunhuang machen, da sie mehr Zeit haben, sie wollen erst Anfang Juni in Kirgisien sein. Leon und ich wollten uns in Hami wiedertreffen.

Da der Wind hier immer erst gegen 9:00 Uhr einsetzt und hier immer Westwind herrscht (sehr vorteilhaft, da wir ja nach Westen fahren), bin ich sehr frueh losgefahren, da ich gestern nach Norden musste. Und der Tag war extrem hart. Immer starker Seitenwind ging es die ersten 70km immer geradeaus (kein Scherz, es gab keine einzige noch so klitzekleine Kurve), links und rechts nur Wueste, bis zu einem Ort namens Liuyan, wo ich Mittag gegessen habe. Gleichzeitig ging es 800 Hoehenmeter bergauf, sodass ich mit 12-15km/h dahinschlich. Eigentlich wollte ich danach nicht bis Xingxingxia (der Grenzort zur Provinz Xinjang) fahren, aber ich habe einfach keinen geeigneten Campingplatz gefunden. Nach 160km und 9,5 Stunden Fahrtzeit setzte ich meine Hoffnung in ein Hotel, das ich mal in einer Fernsehreportage gesehen habe, in der ein Radler durch China begleitet wurde. Das gab es aber irgendwie nicht mehr und die einzige Schlafmoeglichkeit waere ein Bett in einem Schlafraum mit LKW-Fahrern gewesen. Ich kann mir nichts schoeneres vorstellen. Also habe ich soviel Wasser gebunkert, wie ich schleppen konnte und bin noch 5km weitergefahren, wo ich in einem verlassenen Tal einen schoenen Campingplatz gefunden habe. Schnell das Zelt aufgebaut und den Kocher angeschmissen, es gibt nichts ueber ein Essen in freier Natur. Xingxingxia ist uebrigens ein Ort, wie man es sich in einem Endzeitfilm nicht besser ausmalen koennte. Inmitten von Steinwueste und Bergen, dreckige heruntergekommene einstoeckige Bauten mit dreckigen LKW-Werkstaetten, streunende Hunde, ein echter touristischer Leckerbissen. Voellig fertig bin ich um 21:00 Uhr eingeschlafen.

Nach einem super Schlaf habe ich dann heute um 7:00 Uhr mein Zelt und den ganzen Kram zusammengepackt und bin frueh los. Und heute war mir der Radlergott freundlich gestimmt. Die ersten 100km habe ich in nur 3 Stunden absolviert, denn es ging immer leicht bergab und ich hatte Rueckenwind. Das war auch gut so, denn meine super Karte ist leider falsch. Laut meiner Landkarte sollte es bis zum naechsten Ort 104km sein und davor sollte es noch einen anderen Ort geben. In Wirklichkeit gab es diesen aber nicht und bis Luotuoquanzu waren es 130km. Und dazwischen nichts als Wueste, 30 Grad und ein Wind wie ein Heissluftfoen. Keine Moeglichkeit Wasser zu bekommen. Soviel konnte ich gar nicht trinken, um nicht staendig Durst zu haben und trockene Lippen. Um 12:00 Uhr war ich dann in besagtem Luotuoquanzi, wo ich eigentlich bleiben wollte. Der Ort war aber nicht wirklich besser als Xingxingxia und weil es so frueh war und ich weiter Rueckenwind haben wuerde, beshloss ich weiterzufahren. Nach weiteren 70km (insgesamt 200km) war ich dann gegen 16:30 Uhr in Hami, ein echten Grossstadt mit allen Annhemlichkeiten. Durch Zufall habe ich einen guten Radladen gefunden (die heissen in China fast immer Giant Bikestore) und habe ihnen ein Bild von Leon auf meiner Kamera gezeigt, woraufhin sie mir seine kaputte Felge zeigen. Nun weiss ich, dass Leon in Hami ist und ein neues Hinterrad hat, jetzt muessen wir uns nur noch treffen. Ich habe ihm eine Mail geschrieben und er hat meine Nummer, sodass er mich anrufen kann.

Morgen werde ich nichts tun, ausser soviel zu essen und zu trinken wie ich kann, denn die letzten Tage gingen an die Substanz. Ich bin 535km in drei Tagen durch Wuesten geradelt, das reicht. Ich bin echt froh, dass ich beschlossen habe, nicht nach Kashgar zu radeln, was 2000km mehr solcher Tage bedeutet haette. Da ziehe ich Grasland und Berge vor.

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