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20. April 2009

Jahreszeitenjumping

Gespeichert unter: Weltreise 2009 — carsten_block @ 14:35

So langsam wird es echt komisch, jeden Tag eine andere Jahreszeit zu haben. Am Donnerstag, als ich meinen letzten Blogeintrag geschieben habe, herrschte Herbststurm, wir sollten abends und nachts noch herausfinden, warum. Als ich nach dem Schreiben aus dem Internetcafe kam, regnete es wie aus Eimern, dazu der Sturm, fantastisch. Wir haben uns dann aber trotzdem den Wecker um 5:00 Uhr morgens gstellt, wir dachten, der Regen hoert vielleicht in der Nacht auf und wir koennen vor Wiedereinsetzten des Windes losfahren. Als um 5:00 Uhr der Wecker klingelte, aber das gleiche Bild, Sturm und Regen, ein echter Grund sich wieder aufs Ohr zu hauen. Als wir dann gegen 8:00 Uhr aufwachten, war der Himmel zwar noch grau, aber es regnete nicht mehr und der Wind hatte nachgelassen. Also haben wir schnell zusammengepackt und sind losgefahren, es ging leicht bergab und wir fuhren der Sonne entgegen, die Landschaft wechselte von Grasland in toskanartige Landschaft mit zypressenartigen Baeumen links und rechts der Strasse, gruenen Feldern, dazu war es fruehligshaft warm, herrlich.

Zum Mittagessen hielten wir in einer fast nur von Kasachen bewohnten Stadt, man fuehlte sich ueberhaupt nicht wie in China, wir haben warme mit Hackfleich gefuellte Teigfladen gegessen, die in Ziegenmilch getunkt werden, sehr delikat. Der Tag verging wie im Fluge, schon um 15:00 Uhr hatten wir unser Tagesziel Jimusar erreicht und haben sogar noch einen Abstecher 12km nach Norden zur Ruinenstadt von Beytik gemacht, einer ehemals riesigen Festungsstadt aus Lehmbauten, ueberhaupt nicht touristisch erschlossen, wir sind durch die Ruinen gelaufen und haben gepicknickt, super. In Jimusar hatten wir dann mal wieder ein superduper Luxushotel mit allen Annehmlichkeiten und das alles fuer 100 Yuan, sehr angenehm. Der abend verlief ereignislos, wir haben nichts gegessen, da wir tagsueber soviel leckeres Fladenbrot gegessen haben, dass es uns schon zu den Ohren herauskam.

Und dann Samstag wieder das genaue Gegenteil. Es war morgens unangenehm kuehl und sofort als wir losfuhren, begann es heftig zu regnen. Auch der Wind wurde staerker und staerker, sodass wir nach 40km wieder gezwungen waren anzuhalten, da es unmoeglich war, gegen den Sturm anzuradeln. Gottseidank sahen wir in 1km eine Tankstelle und haben beschlossen, dort zu warten und notfalls die Nacht dort zu verbringen, nochmal zu “betruegen”, sprich ein Auto anzuhalten, kam fuer uns nicht in Frage. Gottseidank mussten wir nur 3 Stunden warten, bis der Wind nachliess und etwas drehte, sodass wir nur Seitenwind haben wuerden. Diese drei Stunden waren echt lehrreich. Wie ueberall in China, gab es reichlich Personal, zwei Kassiererinnen und 6 Tankwaertinnen und Tankwaerte, alle hoechstens 25 Jahre alt. Und wir wurden drei Stunden lang Zeuge, wie diese acht Grazien sich zu Tode langweilten. Sie haben weder Buecher noch Zeitschriften noch sonst irgendwas, sie haben sich gegenseitig Klingeltonmelodien vorgespielt, Fangen oder Verstecken gespielt, oder gebalgt. Und das tagein tagaus, mitten im Nirgendwo, nur alle 20 Minuten mal ein Kunde. Auf die Idee den Laden aufzuraeumen sind sie bei all der Langeweile aber nicht gekommen, der Shop glich eher einem Wuehltisch.

Die restlich 65km bis Fukang waren nach dem Stopp an der Tanke ziemlich anstrengend, starker Seitenwind und lange ewig gerade Anstiege, zudem passierten wir mehrere Kohlebergwerke und stark rauchende Industrieanlagen, dazu grauer Himmel, kahle Berge, man kam sich irgendwie vor wie auf dem Weg nach Mordor.

In Fukang haben wir dann schnell ein Hotel gefunden, was ganz ordentlich war, ein schwerer Fehler, wie sich spaeter herausstellte. Wir waren erst gegen 19:30 Uhr da, haben in einem Hochsicherheitsupermarkt (unsere Taschen wurden in Beutel verpackt, die wiederum mit einem Schloss verreigelt wurden, nach der Kasse wurde nochmal alles kontrolliert: Sicherheit zuerst!!!) eingekauft und dann lecker Fleischspiesse an eine uigurischen Grill gegessen. Und als wir dann gegen 22:30 Uhr auf CCTV 5 (dem Sportsender) einfach nur das Bundesligalivespiel (gibt es jeden Samstg um 22:30) sehen wollten, diesmal Leverkusen gegen Wolfsburg, setzte ploetzlich ohrenbetaeubend laute Musik ein. Natuerlich Karaoke, ein Gejaule, wir glaubten, jemand haette den Zwinger der Hoellenhunde offen gelassen, es war echt nicht zum aushalten. Wir dachten, der Laerm kaeme aus der benachbarten Disko, die wir gesehen hatten, Leon ist runter zur Rezeption um zu fragen, dass wir ein Zimmer zur anderen Seite bekommen koennen. Zu unserem Entstezen musste er jedoch feststellen, dass sich die Laermquelle im Keller unseres Hotels befand. Leon berichtete von einem fetten schmierigen Han-Chinesen, der mit offenem Hemd auf der Tanzflaeche herumwabbelte. Super, dabei passen wir immer auf, dass wir kein Hotel mit zugehoeriger Bar beziehen, normalerweise sieht man dies, dann steht neben dem Hotelzeichen immer KTV. Doch hier war nichts, kein Hinweis. Laut Schild sollte der Laerm bis 2:00 Uhr andauern, super. Irgendwie habe ich es dann aber trotzdem geschafft, einzuschlafen und war heute morgen einigermassen ausgeschlafen.

Getsern morgen (Sonntag) morgen dann wieder der totale Gegensatz, die Sonne strahlte (sie war gestern abend schon rausgekommen und wir hatten einen schoenen Sonnenuntergang) und wir hatten nur noch 65km bis Urumqi. Die vergingen wie im Fluge, die ersten 20km flach und geradeaus dann ein ca. 10km langer moderater Anstieg auf supoer Strasse. Dort sind uns mindestens 30 Chinesen mit Mountainbikes entgegengekommen, alle wahrscheinlich auf dm Weg zum Tian Chi einem Bergsee in der Naehe von Urumqi. Die letzten 30km waren wie immer wenn man in eine Grossstadt faehrt, recht unangenehm. Erst Industrieanlagen unbd LKW, danach heftiger Bus und Taxiverkehr. Und in Urumqi gab es keine Fahrradwege, also haben wir uns durch den Verkehr gequaelt. Wir sind direkt zum Cornfields Youth Hostel gefahren, wo wir zwei getrente Zimmer bezogen habe, nach einem Monat im gleichen Hotelzimmer bzw. nebeneinander mit unseren zwei Zelten ist etwas Abstand mal ganz gut. Und hier sind wir mal wieder im siebten Himmel, Englsich sprechendes Personal, ein DVD-Raum und andere Auslaender, mit denen man sich unterhalten kann. Das erste mal seit einem Monat, als wir Chengdu verlassen haben. Ich habe abnds gleich einen anderen Deutschen kennengelernt, Andy, ein Mathematikstudent aus Meunchen, der vier Wochen durch Xinjang reist. Er spricht sogar chinesich, da er vor zwei Jahren ein Jahr in China studiert hat. Nachdem ich im Supermarkt nebenan einkaufen war, meine Waesche gewaschen hatte, bin ich mit ihm auf dem Nachtmarkt essen gegangen, wir hatten eine Art Barbecue. Auf unserem Tisch stad ein Kohleofen, darauf kam eine Metallplatte mit etwas Oel und man bestellte Fleisch und Gemuese, welches man selbst briet. Echt lecker, dazu echte orientalische Basaaratmosphaere, was will man mehr. Mit der Gewissheit, am naechsten Morgen nicht radeln zu muessen (ein super Gefuehl) bin ich voellig erledigt ins Bett gefallen.

Heute morgen sind wir dann gleich mit dem Taxi zum kasaschischen Konsulat gefahren und ich muss sagen, Borat haette seine wahre Freude gehabt. Vor dem Konsulat das totale Chaos, hunderte ethnischer Kasachen, die alle rein wollten, aber es gab irgendwie keine richtige Schlange, dafuer aber Gewuehle und Gedraenge. Gleich wurden wir von einem jungen Kasachen angesprochen, Ali, mit dem wir Donnerstag Mittagessen gehen werden, der den Pfoertner fragte, ob wir nur reinkoennten, um ein Formular abzuholen. Also durften wir rein und drinnen erwartete uns eine Schlange an einem Schalter, an dem niemand sass. Nach einer halben Stunde kam eine ca. 25jaehrige Kasachin mit dem missmutigsten Gesichtsausdruck, den ich je gesehen habe. Ihre ganze Erscheinung strahlte pure Arbeitfreude aus, ihre Stimme mit der sie harsch durch die Scheibe bloekte war zuckersuess. Zu uns war sie etwas freundlicher und gab uns die Formulare. Wir dachten, wenn wir schon mal drin sind, koennen wir sie gleich ausfuellen, wir hatten beide die erforderlichen Kopien unserer Paesse und der chinesischen Visa, also haben wir uns wieder angestellt und Paesse und Formulare abgegeben. Wie sich herausstellte, sammelte der Charmebolzen diese nur ein und brachte sie alle 10 Minuten in den Nebenraum, wo (wieder hinter Glas) zwei dickliche Kasachen sassen, die anscheinend die Unterlagen checkten. Dieser Raum war auch wieder vollgepackt mit warteten Menschen, die alle draengelten und schubsten, der Typ vor mir versuchte mit einem dicken Buendel Geldscheine offensichtlich den Mitarbeiter zu bestechen, was dieser aber ablehnte. Wie sich herausstellte wuerden diese beiden uns aber nicht bedienen, es sollte ein anderer eglischsprechender Mitarbeiter kommen, der nach einer Stunde schliesslich unsere Paesse begutachtete, ein paar Fragen stellte (ob wir schon mal in Kasachstan waren, was wir beruflich machen und was wir anschauen wollen) und uns dann sagte, dass wir am Donnerstag unsere Paesse wieder abholen koennen. Schnell noch die Gebuehr bezahlt (umgerechnet 26 Euro) und nach zwei Stunden waren wir wieder draussen. Alles in allem nicht so schlimm, wie ich es erwartet habe.

Da nebenan im kirgisischen Konsulat genausoviel los wahr und wir, wenn wir am Freitag weiterfahren, keine neue Visumverlaengerung in China brauchen, haben wir beschlossen, doch nach Amaty zu fahren udn halt dort das neue Kirgisienvisum zu beantragen. So werde ich voraussichtlich am Mittwoch China verlassen, irgendwie ein schoener Gedanke.

Den weitern Tag habe ich mit einem Mittagsschlaf, einer Schokotorte, Fahrradputzen und einem Supermarktbesuch verbracht. Sehr entspannend. Morgen werde ich dann das Xinjang-Museum besuchen, einen Radladen suchen (ich brauche noch einen Ersatzschlauch) und dann am Mittwoch ein Paket mit ein paar Sachen nach Hause schicken. Und ansonsten werde ich nur ausspannen und essen, das habe ich mir nach 3000km in einem Monat auch verdient. Und dann hoffe ich, dass Donnerstag alles gut geht, wenn wir unser Visum abholen.

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