Grusse aus Szechuan
Liebe Freunde des scharfen Essens,
schoene Grusse aus der Heimat desselbigen, heute bin ich in Yibin, der ersten Stadt in meiner zweiten chinesichen Provinz Szechuan.
Doch von vorne. Die letzten beiden Tage seit meinem letzten Eintrag in Daguan am Freitag waren nicht so schlimm wie befuerchtet. Zum einen habe ich mich an die kaelteren Temperaturen gewoehnt und meine warme Kleidung ausgepackt, zum anderen ist es hier nicht mehr ganz so kalt. Am Freitag abend habe ich nur noch Bratreis gegessen und mich dann in meine zwei Decken (eine habe ich aus dem nicht belegten Nachbarzimmer geklaut) eingewickelt. Ich habe eherlich gesagt noch nie in einem Raum geschlafen, in dem ich meinen Atem sehen konnte, aber das ist ja auch mal eine Erfahrung.
Ams Samstag ging es dann nach dem obligatorischen Suppenfruehstueck die ersten 25km leicht bergab und von da aus flach bzw. mit einem weiteren laengeren Anstieg weiter. Doch nach ca. 30km die Sensation. Ein entgegenkommendes Auto wurde langsamer, kurbelte die Scheibe hoch und ich sah zwei Auslaender wie mich. Sie fuhren an die Seite und wir stellten uns vor. Hans (aus der Schweiz) und Greg (Amerikaner) betreiben eine Agrarfirma/-beratung und sind mit dem Auto durch China unterwegs, um Kunden etc. zu besuchen. Es war ganz komisch, mal wieder von Angesicht zu Angesicht mit jemandem zu reden. Wir haben ca. 20 Minuten gequatscht und sind dann jeweils weiter gefahren.
Gegen 14:00 Uhr war ich dann in meinem Tagesziel Pu Er Du (kein Scherz), einem kleinen Ort entlang zweier Fluesse in einer Schlucht, so dass die Stadt aus vier langen Strassen jeweils entlang der Fluesse besteht. Mitten im Zentrum habe ich fuer 50 Yuan ein sauberes Zimmer mit heisser Dusche gefunden und der ueblichen Kanne heissem Wasser, sodass ich mir einen lecker heissen Nesafe (man wird echt anspruchslos, wahrend ihr Kaffeespezialitaeten bei Balzac und co geniesst, freue ich mich ueber loeslichen Kaffee, unfassbar) machen konnte. Und bei dem Genuss des Kaffees hatte ich einen seltenen Moment geistiger Leistungfaehigkeit, ich kombinierte heisses Wasser mit einer Einrichtung, die ich zu Hause habe: eine Waermflasche. Das habe ich am Telefon gleich meiner Freundin erzaehlt, die mir in 11 Tagen nach Chengdu eine mitbringt. Nie wieder kalte Fuesse im Bett!!! In Pu Er Du war ich wieder eine Attraktion, Kinder liefen schreiend in die Haeuser, um Geschwister und Eltern auf mich aufmerksam zu machen und einige staunten einfach nur. Nur im Internetcafe (wieder beheizt) nahm wie immer keiner Notiz von mir. Abends wollte ich mir dann im Hotel, was gleichzeitig ein Restaurant war, aus den bereitliegenden Zutaten was bruzzeln lassen, als mich drei Fernfahrer zu sich an den Tisch baten. Die hatten gerade bestellt (wie in China ueblich viel zu viel) und so konnte ich mit den Dreien essen (es gab 6 verschiedene Gerichte) und wurde sogar eingeladen. Beim Essen haben wir mit den im Lonely Planet geschriebenen Phrasen ein wenig Konversation betrieben, das war sehr lustig. Im Bett habe ich dann zum ersten Mal die in meiner Packliste oft bestaunten Schlafsocken benutzt, die meine Freundin aus feinster Merinowolle selbst gestrickt hat. So verwschwanden die kalten Fuesse schnell.
Heute habe ich dann die Schnellstrase verlassen udn bin auf der neu asphaltierten alten Strasse in der engen Schlucht immer auf und ab (sehr zermuerbend) geradelt, bis ich nach 75km Shui Fu, die letzte Stadt in Yunnan erreicht hatte. Von dort ging es immer entlang des Jiangze Kiang (den ich mir groesser vorgestellt hatte), durch eine Industriegegend mit lauter Schornsteinen. Fotos habe ich heute keine gemacht, es war den ganzen Tag eine Nebelsuppe und hier ist glaube ich keine Sicht aufgrund der vielen Abgase. Yibin ist eine Grossstadt (ca. 1 Mio. Einwohner) ohne jeglich Sehenswuerdigkeit, aber das muss auch mal sein.
Morgen werde ich aber Zigong erreichen und dort zwei Tage bleiben. das ist auch dringend noetig, denn aufgrund der feuchten Witterung habe ich meine Radklamotten seit drei Tagen nicht mehr gewaschen (ich erspare mir weitere Erlaeuterungen) und auch Fahrrad und Packtaschen sehen uebel mitgenommen aus. Auch meine sonstigen Klamotten haben seit Kunming kein Wasser mehr gesehen und an meiner Packliste seht ihr ja, dass ich nicht viel zum Wechseln dabei habe….
Und zum Schluss noch ein Tipp. Leon, mein Mitradler ab Chengdu, der am Mittwoch in Kunming losradeln wird, hat auch einen Blog, sehr unterhaltsam. Besonders lustig fand ich, was er an Day 97 (runterscrollen auf der Seite) ueber die Begegnung mit mir geschrieben hat. Also, viel Spass beim Lesen, ab Chengdu koeent ihr nun zwei Versionen des Geschehenen verfolgen, bzw. Leuten empfehlen, die keine deutsch koennen.
http://www.crazyguyonabike.com/doc/?o=3Tzut&doc_id=4242&v=rg
Also bis bald!!!