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7. März 2009

Zwischenfazit

Gespeichert unter: Weltreise 2009 — carsten_block @ 09:16

Endlich in Chengdu,

nach zwei Monaten auf der Strasse brauche ich jetzt ein wenig Auszeit. Ich werde entspannen und defintiv nicht Rad fahren.

Die letzten beiden Tage seit den Ruhetagen in Zigong waren nochmal recht unangenehm. Am Donnerstag liefen die ersten 40km trotz des trueben und kalten Wetters eigentlich ganz gut, doch dann wurde die Strasse ein Desaster. Hier ist das passiert, was ich schon die ganze Zeit befuerchtet hatte. Da es nun so schoen viele Autobahnen (oder Expressways wie es hier so schoen heisst) gibt, werden die Nebenstrassen nicht mehr gepflegt und die voellig ueberladenen LKW koennen den Strassen ihren Rest geben. Wenn das so weitergeht, dann kann man in ein paar Jahren nicht mehr mit dem Rad durch China fahren. Nach ca. 80km und einem Mittagessen in einem Dorf, in dem ich sofort von ca. 20 Menschen umlagert wurde, die mir erst beim Essen zugeschaut haben und dann beim Losfahren, habe ich mein Gleck versucht und bin mal wieder auf die Autobahn gefahren, obwohl das verboten ist. Aber weitere 50km bei 10-15 km/h und durgeschuettelt zu werden, darauf hatte ich keine Lust. Das ging auch 15km gut, bis ich von zwei erbosten Bauarbeitern angehalten wurde, die wild gestikulierend bedeuteten, dass ich hier nicht fahren duerfe. Da die Autobahnen hier gruendlich eingezaeunt sind, konnte ich ja aber auch nicht runter. Sie haben schliesslich die Polizei gerufen, auch weil sie meinten, es sei zu gefaehrlich. Also habe ich eine halbe Stunde auf der Autobahn rumgestanden (was genauso gefaehrlich ist, als weiterzufahren, aber naja) und dann kamen drei freundliche Polizisten, einer konnte sogar etwas englisch, die mich dann mit ihrem Pickup die 30km bis zur naechsten Ausfahrt gefahren haben, und mir dort nochmal auf den Weg gegeben haben, dass man mit dem Rad nicht auf der Autobahn fahren darf.

Nun war ich schon in meinem eigentlichen Ziel Ziyang, aber wegen der unverhofften “Abkuerzung” bin ich einfach nochmal 35km weitergefahren. Uebernachtet habe ich dann in Linjang, einer Stadt mit ca. 500.000 Einwohnern, die genauso grau war, wie alle Staedte in Szechuan bisher. Das Hotel war auch nicht beonders gut, das Bad war ziemlich eklig, dafuer habe ich darin einfach mal mein Rad ein wenig gewaschen.

Gestern haette ich dann mal nicht auf mein GPS gehoert, nach 40km auf der wieder recht schlechten Nationalstrasse Nr. 321 empfahl es eine super Abkuerzung, die auch die ersten 10km gut war, danach leider in einen sagen wir mal Ziegenpfad ueberging, also habe ich die Hoehenkette, die mich von der Ebene von Chengdu trennte, auf diesem Weg zurueckgelegt. Sogar die Hunde an den wenigen Haeusern haben sich wohl gefragt, was dieser Idiot hier macht. Ich habe mir die gleiche Frage gestellt.

Aber auch die Steigung (ca. 500hm) ging vorbei und dann fuhr ich durchs Obstbauangebiet von Chengdu, die Baeume fingen gerade an zu bluehen, das waere bei Sonne bestimmt recht schoen gewesen, bis 30km vor Chengdu die obligatorische 12-spurige Strasse anfing, rechts und links Fabriken und Wohnsilos in Bau, das ganze immer geradeaus. Der Verkehr in Chendu war harmlos, es gab wieder ueberall Radwege, Kunming war da schlimmer.

Und jetzt bin ich im Himmel, ich habe zwei Wochen frei, am naechsten Donnerstag landet Jackie D. in Chengdu. So habe ich also genug Zeit, vorher noch einiges zu erledigen. ich muss mein Rad putzen, zum PSB (Public Security Bureau) mein Visum verlaengern lassen und Infos zur Strecke einholen. Hier im Hotel sagte man mir naemlich, meine eigentlich geplante Route sei seit einiger Zeit fuer Auslaender gesperrt, weil dort so viele Tibeter leben. Wenn das stimmt, muss ich einen kleinen Umweg fahren, aber das schaffe ich auch noch. Und mein Hotel ist super, hier gibt es ein lecker Restaurant auch mit Fruehstueck, gestern habe ich Yakfleisch gegessen, auf dem Zimmer habe ich einen DvD Player und man kann sich hier guenstig DVD’s ausleihen, Buecher sgar umsonst und es gibt Menschen die Englisch sprechen. Was will man mehr. Morgen werde ich dann auch mal die Stadt erkunden. Ich habe aber keine eile, die Sehenswuerdigkeiten will ich ja mit Jackie D. anschauen.

So, nun zum Zwichenfazit. Gestern vor zwei Monaten bin ich in bangkok losgeradelt und nach den ersten furchtbaren Tagen mit Hitze und Hundeattacken haette ich mir kaum vorstellen koennen, dass ich es ueberhaupt soweit schaffe. Nun habe ich bereits ganz Suedostasien durchquert, 3750km oder 26% der Strecke hinter mir und schon einen Grossteil der Berge. Nun bin ich mir sicher, dass ich es bis Europa schaffe, jedenfalls wenn nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommt. Auch haette ich mir nie traeumen lassen, dass ich soviele Leute treffe und (ausser die letzten Wchen in China) fast nie alleine bin. Auch das ich einen Mitradler finde, haette ich nie gedacht.

Und wie ich erwartet hatte, ist das Rad einfach die beste Art fremde Lander zu erkunden. Man ist in Orten, in denen das wahre Leben stattfindet und nicht das fuer Touristem herausgeputzte. Wo sieht man sonst bei Vorbeiradeln, wie ein Schwein geschlachtet wird, wie neue Haeser mit grob handgezeichneten Bauplaenen gebaut werden oder dass einem zwanzig Dorfbewohner beeistert beim Essen zuschauen. Auch haette ich uebrigens nie gedacht, dass meine Berichte so viele Menschen interessieren, wie mir zugetragen wurde. Definitiv bereue ich nicht, das Jahr Auszeit genommen zu haben, auch weil ich nicht so viel von dem derzeitigen Krisengejammere mitbekomme.

Zum Schlus aber noch ein paar Gedaken, Beobachteungen aus China. Wenn man sieht, wie die hier Fahrrad, Motorrad oder Auto fahren, weiss man auch, warum Auslaender hier erst fahren duerfen, wenn sie einen chinesichen Fuehrerschein gemacht haben. Ist ja auch ganz klar. Man muss ja auch lernen, immer zu hupen, einfach zu fahren ohne zu schauen oder moeglichst Schlangenlinien zu fahren. Auch wuerde der dumme Westler ja sein Auto womoeglich ohne chinesische Anweisungen sein Auto so abstellen, dass andere passieren koennen. Das darf man hier auf keinen Fall, wichtig ist so zu parken oder anzuhalten, dass keiner vorbeikommt. Ich habe sogar ein typisches Dreiradmotorrad (mit denen hier Lasten transportiert werden) gesehen, dass der Fahrer, als er in einer Suppenkueche essen wollte, auf der mittleren von drei Spuren abgestellt hat. Und eine Zusatzausbildung brauchen Taxifahrer. Die muessen durch eine so harte Schule gehen, dass sie soweit sind, bis sie lieber in eine Gruppe kleiner Kinder rasen als zu bremsen. Denn bremsen, das wird eine weitere Lektion der chinesischen Fahrschule sein, ist absolut verpoent, das scheint ein vollkommenes gesellschaftliches Tabu zu sein. Und ueberholen ist immer gut, egal wo und wie. Als ich von den besagten Polizisten im Polizeiauto mitenommen wurde, wurden wir mehrfach rechts auf dem Standstreifen ueberholt. Echt unfasssbar.

Kommen wir zum zweiten Punkt. Was passiert, wenn das Auto, das Fahrrad, das Motorrad kaputt ist. Richtig, dann darf es auf keinen Fall fachmaennisch repariert werden, sondern irgendwie zusammengeflickt. Das liegt natuerlich zum einen an mangelndem Werkzeug, doch vor allem daran, dassl die meisten Leute hier keine Ahnung von dem haben, wa sie da gerade tun, denn Ausbildungengibt es hier nicht mal ansatzweise. Das war neulich auch Thema einer Sendung auf CCTV International (dem englischsprachigen Staatsfernsehen). Dort wurde der Sinn von staatlichen Ausgabenprogrammen fuer Landwirte in Frage gestellt, die denen zu Autos und Treckern verhelfen sollen. Mehrere Landwirte beklagtten sich darueber, dass diese dann ja niemand reparieren koenne. Bezeicheichend ist auch, dass z.B. in Fahrradlaeden keinerlei Ersatzteile verkauft werden, nur neue Raeder, zum Reparieren ist man auf die Strassenlaeden angewiesen, die aber auch nur rumhaemmern oder gebrauchten Schrott verkaufen. Einmal habe ich gesehen, wie hier LKW-Reifen auf eine Felge aufgezogen werden. Mit einem riesigen Vorschlaghammer wird auf die Reifenflanke einehaemmert, bei mindestens jede, fuenften Schlag wird die Felge getroffen. Aber so hat die Autowerkstatt bald wieder was zu tun, dann so ist die neue Reifenflanke schon vor der ersten Fahrt beschaedigt und die Felge haelt auch nicht mehr lange durch.

Eine gleiche Art von Arbeitsbeschaffungsmassnahme koennen die zahlreichen Auto- und Motorradwaschanlagen (i.e. Seife und ein Wasserschlauch) geniessen. Abgesehen davon, dass Muell grundsaetzlich auf die Strasse geworfen wird, ist es ueblich, mindestens einmal am Tag die Strasse nasszuspritzen. in groesseren Staedten erledigen das staedtische Tankwaen, in Kleinstaedten macht es jeder vor seiner Tuer selber. Warum weiss ich nicht, die Strasse wird davon ja nicht sauber und staubig ist es hier auch nicht. Allerdings wird die Strasse dadurch mit einer schoenen Matschschicht bedeckt und man saut sich das Auto, das Motorrad und die Klamotten ein. Ach ja, die Klamotten muss man dann auch stendig waschen.

Aber das bese habe ich vor einer Woche in Zhaotong gesehen. Ich habe ja schon berichtet, dass es hier ueblich ist, vor Arbeitsbeginn vor dem Einkaufszetrum, der Fabrik oder dem Restaurant zum Appell anzutreten. Jetzt weiss ich, dass Frisoere das auch machen. Vor einem ziemlich kleinen Frisoerladen in Zhaotong versammeltem sich zehn bis zwoelf ca. 1,50 Grosse maennliche Frisoere, alle in Stretchjeans und mit Bicolor toupierten Haaren, dass war wirklich ein Anblick zum Schreien. Und dann absolvierten sie unter Anfeuerungen des Meisters und lauter Technomusik, voellig lustlos und alle meist gaehnend, eine Aerobicchoreographie. Die anderen Passanten waren eher belustigt, dass ich von dem Schauspiel so belustigt war. Dummerweise habe ich vergessen, ein Foto zu machen, aber gerade in Chengdu habe ich etwas aehnliches fotografiert.

Apropos Fotos. In den naechsten Taen werde ich endlich wieder Fotos hochladen.

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